Hallo liebe Menschen bei der Kundgebung gegen patriarchale Gewalt.
Wir von der Queer Pride Dresden haben uns gefreut, dass wir wieder für einen Beitrag zum heutigen Tag angefragt wurden. Und gleichzeitig sind wir wütend darüber, dass wir wieder eine Rede über Ausgrenzung, Angriffe und ansteigende Fallzahlen halten müssen. Dass wir gezwungen sind darüber zu reden, wie düster es um die Sicherheit queerer Menschen bestellt ist.
Wir sind traurig, denn erst vor wenigen Tagen haben wir uns schon einmal wegen patriarchaler Gewalt zusammen gefunden. Am 20.11. war Trans Day of Remembrance. Dort haben wir der Todesopfer von Transfeindlichkeit gedacht.
Wir sehen voll Sorge, wie finster es weltweit, aber auch ganz konkret in Sachsen aussieht.
Nicht zuletzt haben wir uns aber auch dafür entschieden, diesem traurigen Tag, diesem tristen Thema mit Entschlossenheit und Widerstandskraft zu begegnen. Das können wir, weil es etwas gibt, dass uns Mut macht.
Es macht uns Mut, dass hier neben uns viele Menschen und Organisationen stehen, die gegen die Gewalt ankämpfen. Die das systemische Problem hinter all den hunderten, tausenden vermeintlichen Einzelfällen erkennen und angehen wollen. Und die dafür intersektionale Bündnisse aufbauen. Die dem patriarchalen Anspruch von Autorität etwas entgegensetzen: emanzipatorische Solidarität.
Wir wollen heute ein Schlaglicht werfen, und zwar auf die aktuelle Welle martialischer, queerfeindlicher Mobilisierungen. Wir haben dafür eine statistische Auswertung erstellt.
Die gute Nachricht zuerst: Insgesamt waren knapp 40.000 Menschen bei Pride-Versammlungen in Sachsen unterwegs. Das sind fast 30% mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig gab es aber mindestens 13 Mal extrem echte Proteste. Zu diesen Gegenaktivitäten konnten rund 2.600 Personen mobilisiert werden. Das ist ein enormer Anstieg. Bis zu diesem Sommer gab es nur vereinzelte Proteste und Angriffe, beispielsweise in Pirna, Döbeln und Radebeul. Doch jetzt sind 2/3 aller CSDs im Freistaat davon betroffen. Das Ziel der Nazis ist ganz klar antifeministisch. Sie wollen ihre überhöhten Männlichkeitsvorstellungen durchboxen, sie wollen marginalisierte Stimmen zum Schweigen bringen, sie wollen uns aus dem öffentlich Raum vertreiben.
Skandalös ist dabei die Ignoranz der Behörden. Trotz aller Warnzeichen, trotz menschenverachtender Rhetorik und aggressivem Auftreten der extrem rechten Gruppierungen hat die Polizei in allen Fällen einen „friedlichen Verlauf“ prognostiziert. Und das tatsächliche Ergebnis: zwölfmal mehr Straftaten und Ordnungswidrigkeiten als 2023. Die Staatsmacht schützt uns also – wenn überhaupt – nur rein zufällig vor Übergriffen.
Was dagegen wirklich geschützt hat, war gegenseitiger Support. Was uns gestärkt hat, waren solidarische Anreisen aus größeren Städten in kleinere Orte. Was uns geholfen hat waren Warnungen und Schutzhinweise von Antifa-Gruppen. Die selbstbestimmte, sichere queere Sichtbarkeit in Sachsen war möglich durch gemeinsame queere, antifaschistische Aktionen.
So konnten wir den Treffpunkt der Elblandrevolte bei ihrem angestrebten Protest am 1. Juni in Dresden besetzen. So konnten wir deren Anreise zum CSD Bautzen durch eine Bahnsteig-Blockade verzögern. So konnten wir uns in Görlitz entschlossen in den Weg stellen, als die Polizei den rechten Aufmarsch direkt an die Abschlusskundgebung heranführen wollte.
Wir haben vor einem Jahr hier postuliert: „allein können wir uns dem Patriarchat nicht stellen, aber gemeinsam schaffen wir das!“ Und heute kann ich euch sagen: ja, das stimmt. Das ist oft anstrengend und nervig. Manchmal fühlt es sich eher kräftezehrend als bestärkend an. Es gibt dabei auch Momente von Unsicherheit und Angst. Aber am Ende ist es das, worauf wir uns verlassen können: Dass wir dieser Gewalt nicht hilflos ausgeliefert sind, wenn wir uns zusammen schließen und uns gegenseitig unterstützen.
Wunderschön wurde dieser Gedanke bei der Take-Back-The-Night-Demo formuliert: „Wir zeigen unsere Zärtlichkeit und unseren Zusammenhalt. In Anerkennung unserer unterschiedlichen Betroffenheiten stehen wir zusammen, Schulter an Schulter.“
Wenn ich mich hier so umschaue, sehe ich so viele wundervolle Menschen. Ihr seid bunt, ihr seid laut. Ihr seid zärtlich und zornig. Ihr helft direkt privat und ihr stellt politische Forderungen. Kurz: ihr seid vielfältig. Und wir von der Queer Pride wissen: Unsere Diversität ist unsere Stärke. Lasst uns zusammen stehen und diese Stärke nutzen!
Wir fordern volle Solidarität mit allen Opfern patriarchaler Gewalt. Wir werden weiterhin an die Menschen erinnern, deren Leben uns entrissen wurden. Wir werden weiterhin ihre Namen nennen. Wir kämpfen weiter für Gerechtigkeit! Und wenn wir dabei gegenseitig füreinander einstehen werden wir diesen Kampf auch gewinnen!