Wir wählen lieber Selbstbestimmung als Herrschaft

Unser Statement zum Ausgang der Bundestagswahl 2025.

Wir haben einen Wahlkampf hinter uns, in dem sich fast alle Parteien bereitwillig dem von rechter Seite ausgerufenen Wettlauf um die „beste“ Abschiebepolitik angeschlossen haben. Anstatt die AfD für ihre rassistischen Deportationspläne zu kritisieren – wie es Hunderttausende auf den Brandmauerdemos und 12.000 vor einem Monat in Riesa taten – wurde der antidemokratische Euphemismus von „Remigration“ in Talkrunden und sozialen Medien weiter normalisiert.
Das absehbare Ergebnis ist nun eingetreten: die Normalisierung stärkte die Position der AfD, alle diese Parteien verloren Stimmen an die AfD.

Ein Lichtblick in diesem beängstigenden Schattenspiel war der praktische Beweis, dass genau der gegenteilige Ansatz richtig ist und funktioniert. Die Linke trat im Wahlkampf mit sozialen Inhalten, solidarischen Idealen und antifaschistischen Positionen auf – und konnte damit deutliche Zugewinne verbuchen.

Als Queer Pride, als politisch aktive Menschen können wir in den Wahlergebnissen keine plötzliche Zäsur erkennen. Zur Erinnerung:

Aus leidvoller Erfahrung erwarten wir generell wenig mehr von Regierungen als die Verwaltung des elenden Normalzustandes, Verteidigung der herrschenden Ordnung und Repression gegen alle, die wie wir grundsätzlich etwas daran ändern wollen. Selbst die vorsichtigsten Verbesserungsvorschläge treffen in letzter Zeit auf immer massivere Gegenreaktionen. Weder aufgeregte mediale Rechenspiele um Koalitionsoptionen noch das nachfolgende Pokern um Ministeriumsposten scheinen uns gegenüber der real ausgeübten strukturellen Macht sonderlich relevant.

Und doch sind Wahlergebnisse immer auch ein aktueller Gradmesser für die uns entgegen stehenden Probleme. Und auch in Sachsen schlägt dieser weit nach rechts aus. Abseits der Großstädte gehen fast die Hälfte der Stimmen an eine faschistische Partei. Welche einschneidende Folgen das für die Arbeit vor Ort bedeutet, haben Kulturbüro Sachsen und das Netzwerk Tolerantes Sachsen bereits klar formuliert, ihren Analysen und Forderungen können wir uns nur anschließen.

Es gibt sie, die Menschen und Strukturen, die für Grundrechte und Demokratie einstehen. Doch in ihrem Wirken werden sie von politischem Druck, von Bedrohungen und Angriffen behindert. Angesichts eines fehlenden Demokratiefördergesetzes und massiver Haushaltskürzungen im sozialen Bereich wird die Lage nicht einfacher. Umso stärker scheint uns die Verpflichtung, sich gegenseitig zu unterstützen. Zusammenzuhalten, wo rechte Kräfte uns gegeneinander ausspielen wollen.

Seit fünf Jahren sehen wir als Queer Pride unsere Aufgabe darin, queere Liebe, queere Körper, queere Stimmen, queeres Leben zu feiern und eine solidarische queere Community zu schaffen. Unsere selbstbewusste perverse Existenz als queere Menschen ist unser Widerstand gegen fremdbestimmte Zurichtungen und gewaltvolle Ausgrenzungen.

Wir haben an dieser Stelle eine klare Ansage an jede mögliche Koalition: Ja, das aktuelle SBGG gehört abgeschafft – aber nur, indem es durch ein echtes Selbstbestimmungsgesetz ersetzt oder durch die Beseitigung aller staatlicher geschlechtlicher Normierungen überflüssig wird! Bis zu diesem Moment gilt unser Versprechen: wir werden das SBGG gegen alle Angriffe vehement und mit allen notwendigen Mitteln verteidigen.

Wir werden weiterhin für Gleichberechtigung kämpfen und ein Ende jeder Diskriminierung einfordern. Für unsere Rechte und für uns selbst einstehen. Zusammen für diejenigen eintreten, die nicht frei demonstrieren können, für alle, die sich aus Angst vor Gewalt nicht outen wollen!

Ob auf Brandmauer-Demos oder Pride-Umzügen oder Antifa-Aktionen: überall haben in der letzten Zeit Zehntausende bis Hunderttausende für diese Vielfalt und Menschenrechte eingestanden. Und das gibt uns Mut. Es gibt uns Zuversicht, dass wir als queere, als antifaschistische, als feministische Bewegung weiterhin zusammen stehen werden. 

Wir haben es vor den Kommunalwahlen, vor den Landtagswahlen, vor der Bundestagswahl gesagt – und wir bleiben auch jetzt dabei: Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lassen uns nicht vertreiben, und wir werden uns erst recht nicht verstecken!

Wir kämpfen weiter für Freiheit, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit! Und wenn wir dabei gegenseitig füreinander einstehen, dann werden wir diesen Kampf auch gewinnen!

Genau deswegen heißt unser Motto für 2025: Queer & antifascist – unsere Brücken halten!