Wir dokumentieren hier unseren Brief an das Societaetstheater Dresden. Dieses hatte im Rahmen der Reihe „frau.macht.theater.“ die vermeintliche feministische Ikone Alice Schwarzer für eine Lesung am 4.3.2024 eingeladen. Neben unserer Kritik rief auch die Linkjugend Dresden zu einer Kundgebung für inklusiven Feminismus auf.
Liebes Team vom Societaetstheater Dresden,
zunächst vorneweg – wir begrüßen eure Intention, dem Thema Feminismus mit eurer Veranstaltungsreihe „frau.macht.theater.“ im März 2024 eine besondere Bühne zu geben. Wir müssen nicht darüber reden, wie wichtig der Feminismus für den gesellschaftlichen Fortschritt ist. Mit Alice Schwarzer als Gast für die Lesung am 04.03.24 habt ihr allerdings eine denkbar ungünstige Wahl getroffen. Denn aus einer kritischen, feministischen Perspektive könnten die Werte und Ansichten, die Frau Schwarzer vertritt, rückschrittlicher nicht sein.
Sicherlich sind viele von Frau Schwarzers Errungenschaften nicht unerheblich für die emanzipatorische Bewegung gewesen. Ihr Einsatz für die Liberalisierung des Paragrafen 218 als Teil der Frauenbewegung Anfang der 70er Jahre hat beispielsweise bis heute enorme Relevanz für die Selbstbestimmung von Frauen und schwangeren Personen. Und ihr stimmt uns sicher zu, dass alle Menschen selbstbestimmt leben können sollten – insofern stellen wir uns die Frage, warum ihr eine Person einladet, die trans Frauen und trans Personen allgemein dieses Recht abspricht und transfeindliche Narrative propagiert? Feminismus funktioniert nur intersektional, d.h. er muss sich entschieden gegen jegliche Form der Diskriminierung, ganz unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Herkunft etc., stellen. Frau Schwarzers transfeindliche Äußerungen haben mit Feminismus nichts zu tun, weshalb sie in unseren Augen weder die Bezeichnung „Feministin“, noch einen Platz in eurer Veranstaltungsreihe verdient hat.
Denn Frau Schwarzer macht absolut kein Geheimnis um ihre transfeindliche Einstellung. In ihrem Sammelband „Transsexualität: Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? – Eine Streitschrift“ aus dem Jahr 2022 legt sie mehr als deutlich dar, dass sie transgeschlechtliche Personen für ungleichwertig hält. Wir empfinden es als anmaßend, dass sie versucht, Menschen in bestimmte Geschlechterrollen zu zwängen und dass sie obendrein die Dreistigkeit besitzt, diese Rollen auch noch selbst festzulegen.
Vor allem ihre Kritik am – sowieso schon zur Unkenntlichkeit zusammengestutzten – Selbstbestimmungsgesetz ist ein Schlag ins Gesicht jeder Person, die nicht in ein heteronormatives Gesellschaftsbild passt. Solche ausgrenzenden Ansichten haben im Jahr 2024 nichts mehr verloren und sollten auch keine Bühne mehr bekommen.
Wir wollen an der Stelle auch noch einmal auf den offenen Brief hinweisen, den 33 Autor*innen an die Veranstalter*innen des Literarischen Herbstes 2023 geschrieben haben, ebenfalls als Kritik an der Einladung Alice Schwarzers: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/literarischer-herbst-alice-schwarzer-kritik-kultur-news-100.html
Wir können nur hoffen, dass ihr euch diese Kritik zu Herzen nehmt, und beim nächsten Mal etwas genauer darüber nachdenkt, wen ihr zu euren Veranstaltungen einladet.
Unsere Position ist klar: Keine Bühne für Transfeindlichkeit!