Als antifaschistische Queer Pride haben wir die Widersetzen-Kampagne gegen den Parteitag der AfD in Riesa tatkräftig unterstützt. Unsere Motivation dafür haben wir unter anderem in unserem Redebeitrag (siehe unten) für die Abschlussdemonstration erklärt.
Wir freuen uns sehr über die bundesweite Beteiligung und die entschlossenen Aktionen. Zusammen mit 12.000 Menschen aus einem breiten Bündnis haben wir einen wichtigen Erfolg errungen. Noch nie konnte ein AfD-Parteitag so lange verzögert werden, noch nie war der Protest so laut und widerständig!
Aus Dresden sind frühmorgens rund 600 Menschen losgefahren, darunter einige Queer Pride-Aktivist*innen. Gemeinsam haben wir uns in Riesa widersetzt und stundenlang in Eiseskälte eine wichtige Zufahrtsroute zum Parteitag besetzt. Unterstützung gab es von Rythms of Resistance, Demo-Clowns und der Aktions-Küfa. Die Blockade erstreckte sich über zwei Fahrstreifen. Einer davon wurde von der Polizei unter Einsatz von Pfefferspray und Schlägen ins Gesicht frei geprügelt. Ergebnis der brutalen Aktion: statt Menschen haben die nächsten Stunden dort Polizeifahrzeuge herumgestanden und den Weg versperrt. Wie auch an anderen Stellen schien das Ziel primär in autoritärer Machtdemonstration zu bestehen, nachdem die Polizei trotz massivem Kräfteeinsatz die vielfältigen Aktionen von Widersetzen nicht verhindern konnte. Am frühen Nachmittag wurde die Blockade selbstbestimmt beendet und hat sich der großen Abschlussdemo im Riesaer Stadtzentrum angeschlossen.
Als Queer Pride haben wir den Aktionstag zudem mit einem Lautsprecherfahrzeug unterstützt. Aus einem glücklichen Zufall heraus sind wir mit dem bunten Finger zusammen getroffen und konnten dessen Blockadepunkt mit Musik, Inhalten und Informationen unterstützen. Herzliche Grüße gehen raus an die sweeten Menschen aus Hamburg, die 5 Stunden lang ausgeharrt und dafür gesorgt haben, dass dort kein Durchkommen war – außer für Rettungskräfte und Pflegedienste. In der taz gibt es einen kleinen Bericht darüber.
Unser Dank gilt allen Beteiligten auf der Straße, bei der kulinarischen und gesundheitlichen Versorgung und jenen, die im Hintergrund zu diesem antifaschistischen Erfolg beigetragen haben. Zusammen haben wir gezeigt, was wir von extrem rechter Politik und dem faschistischen Programm und Personal der AfD halten: nämlich überhaupt nichts!
Hier zur Dokumentation unser Redebeitrag:
Liebe Freund*innen, liebe Gefährt*innen, liebe Genoss*innen,
Es ist heute kalt, hier in Riesa. Und möglicherweise zittert ihr, weil euch auf der langen Fahrt hierher der Tee längst abgekühlt ist. Aber vielleicht ist es weniger das Wetter, dass uns zu schaffen macht? Es wird mir kalt im Herzen, wenn ich an die Ausgrenzung in Deutschland denke, wenn ich an die Abschottung in Europa denke. Und möglicherweise zittert ihr eher vor Wut gegenüber den Plänen der AfD, die heute diese unmenschliche Kälte weiter vorantreiben will?
Diese faschistische Partei will heute ihr Programm für die Bundestagswahl beschließen. Ihre Pläne strotzen dabei vor Sozialabbau, Entrechtung und Ausgrenzung. Die Forderungen richten sich gegen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, sind zutiefst antifeministisch und transfeindlich. Sie stehen gegen alles, was wir uns für eine bessere Zukunft wünschen.
Und genau deswegen stehen (und sitzen) wir von der Queer Pride Dresden heute mit euch Schulter an Schulter. Zusammen zeigen wir, was wir von extrem rechter Politik halten: nämlich überhaupt nichts! Und eure Solidarität spendet mehr als genug Wärme, um heute gut durch den Tag zu kommen. Unsere gemeinsame Aktion hier in Riesa gegen Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit stärkt unsere Kraft. Euer Einsatz macht uns Mut, weiter für eine gerechte Gesellschaft zu kämpfen. Dass so viele Menschen politisch aktiv sind, befeuert die Flamme der Hoffnung in diesen ungewissen Zeiten!
Vielen Dank dafür euch allen!
Als Queer Pride Dresden wirken wir seit 2020 auf ganz unterschiedlichen Wegen auf eine bessere Zukunft hin. Wir setzen uns für eine starke queere Community ein. Für queere Sichtbarkeit im Alltag, für selbstbewusste Forderungen in der Politik. Und wir kritisieren seit unserer Gründung rechte Parteien und faschistische AkteurInnen. Wir stellen uns gegen all jene gesellschaftlichen Bewegungen, die soziale und politische Rückschritte erzwingen wollen. Wir kämpfen gegen patriarchale Ideologie und Antifeminismus. Nicht weil es uns besonderen Spaß bereitet, ständig mit Hass und Hetze konfrontiert zu sein. Sondern weil wir das seit langem endgültig leid sind.
Wir haben die Queer Pride gegründet, um das enge moralische Korsett und tödliche Vorurteile los zu werden. Um endlich so leben zu können, wie wir es wollen – statt so, wie es rechte Ideologie von allen verlangt. Die reaktionären Normen von AfD und co. haben wir sowas von satt!
Regenbogenfamilien, gleichgeschlechtliche Paare, nichtbinäre Geschlechtsidentitäten, polyamore Beziehungskonzepte – sie alle sprengen ganz offensichtlich den engen Käfig dieser Normen.
Unsere gelebte Vielfalt, die von uns zelebrierte Verachtung der patriarchalen Ordnung untergräbt jedes engstirnirnige, starre, heteronormative Verständnis von Familie.
Und genau deswegen ist der Antifeminismus, ist die AfD eine existenzielle Bedrohung für queere Familien und queere Menschen. Ihnen wird es heutzutage immer noch unnötig schwer gemacht, rechtlich als Eltern anerkannt zu werden oder Kinder zu adoptieren. Sachsen schließt queere Paare bei der Finanzierung einer Kinderwunschbehandlung aus. Gleichgeschlechtliche Ehen sind weltweit aktuell in nur 38 Ländern möglich – erst seit 10 Tagen gehört auch Liechtenstein in der Mitte Europas dazu. In deutlich mehr Ländern der Welt wird Homosexualität staatlich verfolgt. Dort sind queere Menschen existenziell bedroht. Und in vielen Staaten besteht die Gefahr, dass einmal erkämpfte Rechte wieder abgeschafft werden. Zum Beispiel in den USA unter republikanischer Herrschaft.
Genau wie Trump will auch die AfD will nicht, dass queere Menschen irgendwo vertreten sind. Sie wollen uns nicht in der Politik, sie wollen uns nicht in der Öffentlichkeit oder in den Medien, sie wollen uns nicht in den Schulen oder in den Kitas und schon gar nicht in der heiligen idyllischen christlichen weißen Kleinfamilie. Sie wollen einfach nicht, dass wir existieren. Es handelt sich hier um ein grundlegend reaktionäres, rechtes und sogar faschistisches Projekt. Diesem müssen wir uns auf allen Ebenen entschlossen entgegen stellen.
Was wir tun können – nein, was wir tun müssen! – ist, weiterhin für Gleichberechtigung zu kämpfen. Ein Ende der Diskriminierung von Vielfalt einzufordern. Für unsere Rechte und für uns selbst einstehen. Für all jene laut sein, die nicht frei demonstrieren können. Zusammen für diejenigen eintreten, die sich aus Angst vor Gewalt nicht outen wollen!
Wir stehen und sitzen und protestieren heute mit euch und vielen anderen zusammen in Riesa genau für diese Vielfalt und Menschenrechte. Und das gibt uns Mut. Es gibt uns Zuversicht, dass wir als queere, als antifaschistische, als feministische Bewegung zusammen stehen werden.
Der bevorstehende Wahlkampf wirft seinen populistischen Schatten schon voraus. Ein Erstarken rechtskonservativer und rechtsextremer Kräfte wird unmittelbar die bereits bestehende Bedrohung verschärfen. Aber eine solche Entwicklung ist nicht in Stein gemeißelt! Ob auf Brandmauer-Demos oder Pride-Umzügen oder Antifa-Aktionen: lasst uns diesen Schatten verjagen, statt uns von ihm jagen zu lassen!
Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lassen uns nicht vertreiben, und wir werden uns erst recht nicht verstecken!
Wenn ich mich hier so umschaue, sehe ich so viele wundervolle Menschen. Ihr seid bunt, ihr seid laut. Ihr seid zärtlich und zornig. Ihr helft privat und ihr stellt politische Forderungen. Kurz: ihr seid vielfältig. Und wir von der Queer Pride wissen: Unsere Diversität ist unsere Stärke. Lasst uns zusammen stehen und diese Stärke nutzen!
Wir kämpfen weiter für Gerechtigkeit! Und wenn wir dabei gegenseitig füreinander einstehen werden wir diesen Kampf auch gewinnen!
Euch allen einen herzlichen Dank, dass ihr heute hier seid! Kommt gut durch den Tag und gut nach Hause. Wir wünschen euch viel Kraft und Motivation für das vor uns liegende Jahr. Und wenn ihr möchtet, kommt am 21.6. gerne nach Dresden zur Queer Pride. Ich verspreche euch, dass ihr da weder vor Kälte noch vor Wut zittern müsst.
Doch heute heißt es für uns alle zusammen:
Schulter an Schulter für mehr Wärme!
Schulter an Schulter für unsere Träume!
Schulter an Schulter gegen den Faschismus!